Ein Leiter steckt in sehr unterschiedlichen, sogar miteinander konkurrierenden Rollen. Ob er will oder nicht, muss er alle diese Rollen erfüllen. Manche davon fallen ihm leicht, weil seine Begabung in diesem Bereich steckt.
Andere scheinen so schwierig, dass er diese Rollen vielleicht sogar als völlig falsches Verhalten ansieht, statt in dieser Rolle effektiv zu leiten. Menschen, die ein Leiter führt, erwarten zudem von ihrem Leiter, dass er die Rolle erfüllt, die ihrer eigenen Persönlichkeit am besten nahekommt.
Deswegen kann sich ein Leiter sehr schnell überfordert fühlen. Doch ohne Frage, muss er dennoch alle seine Rollen als Leiter erfüllen, weil er in sehr verschiedenen Situationen gefragt ist und handeln muss.
Wenn er es selbst nicht kann, muss er sich Menschen ins Team suchen, die ihn in gerade diesen fehlenden Fähigkeiten für bestimmte Rollen ergänzen. Die teilweise widersprüchlichen Rollen können manchmal nicht gleichzeitig ausgeübt werden.
Die Spannung wird dadurch gelöst, dass eine Bedingung entscheidet, welche Rolle den angemessenen Vorrang hat. Diese Bedingung ist die „Situation“ und der „Kontext“, in dem der Leiter gefragt ist. In der einen Situation muss er in der einen Rolle handeln und in einer anderen in einer anderen Rolle.
Ein Beispiel als Vergleich (sehr vereinfacht):
Gerechtigkeit und Gnade – die „widersprüchlichen“ Eigenschaften Gottes.1. Wäre Gott nur gerecht, aber nicht gnädig, so würden alle Menschen immer bestraft (ewige Strafe für Sünde = Trennung von Gott), Umkehr/Buße des Menschen wäre dann egal (nützt nichts)
2. Wäre Gott nicht gerecht, aber nur gnädig, so würden alle Menschen immer gerettet werden (ewige Rettung), Umkehr/Buße wäre dann egal (nicht nötig)
3. Wäre Gott nicht gerecht, und nicht gnädig, so gäbe es keine Strafe und keine Rettung, Umkehr/Buße würde dann keine Rolle spielen, so oder so.
4. Ist Gott aber gerecht und gnädig, so trifft zweierlei zu: Rettung des Menschen nur bei seiner Umkehr/Buße UND Strafe des Menschen wenn nicht Umkehr/Buße geschieht. Das bedeutet, Gott knüpft die Folgen an eine Bedingung: Umkehr/Buße.
Obwohl beide Eigenschaften entgegengesetzte (widersprüchliche) Folgen für Menschen haben, löst Gott die Spannung durch eine Bedingung: Umkehr/Buße des einzelnen Menschen! Und somit gibt es für den einzelnen Menschen nur eine tatsächliche Folge.
Um ein ganzheitliches Modell der Leitung im Blick zu halten, hilft das Schaubild, „Der Rahmen konkurrierender Werte“.
Dabei kann man folgendermaßen vorgehen:
1. Bestimme, ob du als Person eher flexibel oder eher geregelt lebst.
2. Bestimme nun, ob du eher intern (nach innen, nach Bekanntem) orientiert bist oder eher extern (nach außen, nach Neuem).
3. Jetzt befindest du dich in der Ecke des Schaubilds, die auf deine Persönlichkeit womöglich am meisten zutrifft.
4. Welcher der beiden Aussagen in dieser Ecke des Schaubilds über einen effektiven Leiter stimmst du am meisten zu?5. Lies dir die Stärken (innerer Kreis) dieser Leiterrolle durch, die auf dich am meisten zutreffen.
6. Wenn du in deiner eben bestimmten Leiterrolle zu intensiv auftrittst, können auch die Schwächen offensichtlich werden (äußerer Kreis).
7. Überlege, was du tun kannst, um auch in den anderen Rollen effektiv zu handeln, auch wenn diese einen konkurrierenden Wert zu deiner „Lieblingsrolle“ als Leiter darstellen.8. Wenn du gewisse Rollen gar nicht erfüllen kannst/willst, ist es trotzdem für erfolgreiche Leitung unbedingt notwendig, dass diese Rollen gelebt werden. Du brauchst also jemanden, der dich in diesen Bereichen ergänzt. Suche einen oder mehrere Leiter mit ihren Stärken in diesem Bereich und du wirst zur effektiven Teamleitung beitragen.
Nur ganzheitliche Leitung in allen gefragten Rollen wird auf Dauer der Vielfalt der Menschen, die du als Leiter führst, und der Vielfalt der Situationen gerecht.
Ein wichtiger Hinweis zum Schluss:
Wer nicht an seinen Leiterschaftsfähigkeiten arbeitet, wird mit der Zeit „automatisch“ in der Ecke intern/geregelt handeln (und die anderen Rollen nicht mehr wahrnehmen). Nur wer bewusst auch die anderen Rollen fördert, berücksichtigt und anstrebt, wird ein effektiver Leiter sein und ganzheitlich leiten können.
Gemeinden haben übrigens auch immer die Tendenz, sich geregelt und intern zu orientieren, statt extern orientiert und flexibel zu bleiben, um relevant für ihre ständig verändernde Gesellschaft zu sein.